Teil 4, Modul 3/5: Pseudogefühle vermeiden

Manchmal benutzen wir im Alltag Wörter, die wie Gefühle daherkommen, aber keine sind, sondern gedankliche Zuschreibungen, Beschreibungen dessen, was jemand anders aus unserer Sicht gemacht hat, zum Beispiel: „Ich fühle mich verletzt“, „Ich fühle mich verlassen“ oder „Ich fühle mich abgelehnt“. Vielleicht sind dir diese Wörter unter dem Begriff „Pseudogefühle“ geläufig.

Hierbei handelt es sich nicht um echte Selbstmitteilungen, sondern um versteckte Angriffe. Denn der Satz „Ich fühle mich abgelehnt“ enthält den Vorwurf: „Du lehnst mich ab“. Verzichte daher unbedingt auf solche Zuschreibungen und teile statt dessen deine tatsächlichen Gefühle mit, die sich dahinter verbergen. Hinter „Ich fühle mich abgelehnt“ könnte z.B. das Gefühl von Wut stecken („Ich fühle Wut“). Wenn du das tatsächliche Gefühl mitteilst, statt einen versteckten Vorwurf zu äußern, entsteht sofort Verbundenheit, selbst wenn du Emotionen wie Wut oder Hass äußerst.

Den Gedanken, der in einer solchen Mitteilung steckt, kannst du durch eine indirekte Bezugnahme im Passiv ausdrücken: „Mein Kopf denkt, dass ich abgelehnt werde.“ So wirkt es nicht wie ein Angriff.  

Ein Tipp, um solche Pseudogefühle zu erkennen: Wenn du aus einem Gefühlswort ein Verb machen kannst, also z.B. aus „Ich fühle mich abgelehnt“ das Verb „ablehnen“, dann hast du es nicht mit einem echten Gefühl zu tun, sondern mit einem Pseudogefühl.

Merke: Bei den folgenden Gefühlen handelt es sich nicht um Gefühle, sondern um Pseudogefühle. Sie sollten beim EM unbedingt vermieden werden:

Ich fühle mich (von dir)…
…abgelehnt, alleingelassen, angegriffen, ausgegrenzt, ausgenutzt, bedroht, beschämt, gedemütigt, gekränkt, hintergangen, im Stich gelassen, in die Ecke gedrängt, ignoriert, kritisiert, manipuliert, missverstanden, übergangen, unter Druck gesetzt, verarscht, verlassen, verletzt, verraten, vernachlässigt

…nicht ernst genommen, nicht gehört, nicht gesehen, nicht geliebt, nicht respektiert, nicht genug unterstützt, nicht wertgeschätzt

Wie soeben bereits erwähnt, ist es am Beginn deines EM-Wegs sinnvoll, bei Level 1 zu bleiben und auf jede direkte Bezugnahme auf dein Gegenüber zu verzichten. Teile daher am besten nur das reine Gefühl mit und lasse alles Weitere weg:

Das sollte man vermeiden:

So geht es richtig:

Ich fühle mich gekränkt.

Ich fühle Wut. Ich fühle Traurigkeit.

Ich fühle mich gesehen.

Ich fühle Freude.

Ich fühle mich hintergangen.

Ich fühle Hass.

Level 1 erlaubt, wie soeben bereits gesagt, auch eine indirekte Bezugnahme im Passiv. Diese kannst du hinzufügen, wenn du möchtest, oder weglassen:

Das sollte man vermeiden:

So geht es richtig:

Ich fühle mich wertgeschätzt.

Ich fühle Freude. (Mein Kopf denkt, dass ich hier wertgeschätzt werde.)

Ich fühle mich nicht ernst genommen.

Ich fühle Wut. (Mein Kopf denkt, dass ich nicht ernst genommen werde.)

Falls du schon einige EM-Erfahrung hast und dich mit deinen EM-Partnern auf Level 2 geeinigt hast, kannst du auch eine direkte Bezugnahme verwenden. Damit diese allerdings nicht wie ein Angriff wirkt, ist es nötig, hier sehr achtsam zu formulieren. Level 2 erfordert einen hohen Grad an Bewusstheit, Fingerspitzengefühl und die Bereitschaft, sich verletzlich zu zeigen, damit sich vorhandene Spannungen nicht verstärken, sondern mehr Verbundenheit entsteht:

Das sollte man vermeiden:

So geht es richtig:

Ich fühle mich von dir nicht genug respektiert.

Ich fühle Wut. Mein Kopf denkt, dass du vorhin über meine Arbeitslosigkeit gesprochen hast. Mein Kopf denkt, dass das bei mir Wut ausgelöst hat. Mein Kopf denkt, dass da bei mir auch eine große Angst ist, nicht genug respektiert zu werden.

Ich fühle mich von euch intensiv angeschaut.

Ich spüre Stress im Körper. Mein Kopf denkt, dass es damit zu tun hat, dass ihr mich alle anschaut. Mein Kopf denkt, dass ich das gerade als sehr intensiv empfinde.